Die City West im Aufwind

Das Zoofenster spiegelt sich in Bikini Berlin Das Zoofenster spiegelt sich in Bikini Berlin

(be) Da steht es nun wie ein gigantischer Monolith gegenüber der altehrwürdigen Berliner Gedächtniskirche: das Zoofenster Hochhaus. Mit seinen 118 Metern überragt es in der City West jedes andere Gebäude und hat in den wenigen Monaten seines rasanten Wachstums die altbekannte Skyline drastisch verändert. An diesen Hotel- und Geschäftshausneubau nach einem Entwurf des Frankfurter Architekten Prof. Christoph Mäckler, knüpfen sich nun die Hoffnungen an einen Aufbruch und eine dringend nötige Wiederbelebung der City West. Die ist einerseits vor allem rund um das Berliner Wahrzeichen Gedächtniskirche überfällig. Allerdings fragt man sich, wohin es architektonisch an diesem Ort in Zukunft gehen wird. Ist doch auf der Website von Prof. Mäckler, dem Architekten des Zoofensters, ein Foto zu finden, das noch weitere Hochhäuser rund um die Gedächtniskirche vorsieht. Ob diese Architektur bei den Menschen ankommt, weiß ich nicht. Ich bin überrascht, dass ausgerechnet eine junge Frau zu mir sagt: „So ein Hochhaus passt hier nicht hin“. Vielleicht ist es ja eine Frage der Zeit, denn in einer Veröffentlichung von Prof. Mäckler lese ich folgenden Satz: „Es sind Bauwerke, an die sich der Bewohner der Stadt gewöhnen muss, wie an ein neues Paar Schuhe“. Erleichtern würde die Gewöhnung, wenn der „Schuh“ klassisch geschnitten, perfekt verarbeitet und aus hochwertigem Material gefertigt wäre. Gerade wurde mit dem Bau eines zweiten, 119 Meter hohen Gebäudes mit dem Namen „Upper West“ genau gegenüber vom Zoofenster begonnen.

Flair des Kurfürstendamms

Rund um das neu eröffnete Waldorf Astoria Hotel wird in den nächsten Jahren viel passieren. Und wahrscheinlich wird sich zumindest schon die Anwesenheit eines Hotels am Zoofenster ähnlich positiv auswirken wie in der nahen Nürnberger Straße. Dort hatten sich nach der Eröffnung des Ellington Hotels in der vorher jahrelang lieblos verfallenden Straße zahlreiche Geschäfte neu angesiedelt. Doch zurück zum Zoofenster. Auf der Website des Waldorf Astoria lobt man die fantastische Lage des Hotels unweit des Kurfürstendamm, der gar mit der Champs Elysees verglichen wird. Schön wär’s! Der Kurfürstendamm feierte im letzten Jahr seinen 125. Geburtstag, löst aber in mir als waschechtem Berliner noch wenig Gefühle der Begeisterung aus. Allenfalls Erinnerungen an Zeiten, die längst vergangen sind. Als es zum Beispiel noch an der Uhlandstraße das Cafe Möhring gab und weitere ähnliche Straßenrestaurants wesentlich zum Flair der Straße beigetragen haben. Hier konnte man sitzen und den flanierenden Menschen zusehen. Pflastermaler gingen, umringt von Menschentrauben, ihrer Arbeit nach. Die meisten Straßenrestaurants und Cafes verschwanden im Laufe der Zeit und am Kudamm machte sich irgendwie Beliebigkeit breit. Vor allem am Kranzlereck entstanden Neubauten, an die man sich zwar gewöhnt hat, die aber letztendlich fremdkörperartig wirken. Beispielsweise das „Neue Kranzler-Eck“, das der Berliner Architekturkritiker Nikolaus Bernau 2001 in der Berliner Zeitung als „ein Glitzerverbrechen der Stadtplanung“ kritisiert, das kommerziellen Erfolg garantiere. Das wuchtige Kudamm-Eck gegenüber ist ebenfalls Geschmackssache. Dafür wird aber an einer gläsernen Verkehrskanzel, deren Betrieb bereits vor fast fünfzig Jahren eingestellt worden ist, demonstriert, wie wichtig Denkmalschutz ist. Sie steht immer noch an ihrem Platz und vergammelt.

Die Gäste des Waldorf Astoria sollten vielleicht nicht unbedingt den Hintereingang des schicken Hochhauses verlassen, denn dort stehen sie plötzlich zwischen Sexshops, einem Erotikmuseum und Billig-Imbissbuden. Schräg gegenüber am Bahnhof Zoo riecht es nach Alkohol und anderen undefinierbaren Dingen. Der Bahnhof selbst sieht grausam aus und verfällt mit seinen bekannten Zooterrassen immer mehr. Seit der Eröffnung des neuen Hauptbahnhofes im Jahr 2006 hält hier kein Fernzug mehr. Die Kölner Gesellschaft MSM plante zwar in Konkurrenz zur Deutschen Bahn eine Verbindung zwischen Berlin und Köln, erhielt aber nach Presseangaben bisher von der DB noch keine Trassen, die sich wirtschaftlich betreiben ließen. Der Start dieser Zugverbindung ab Bahnhof Zoo musste deshalb auf frühestens Frühjahr 2013 verschoben werden.

Neues Highlight: das Bikinihaus

Gehen wir hinüber zum Zoo-Palast. Das 1956 gebaute Kino war lange Zeit eine Berliner Institution. Hierher kam man, um bei den Filmfestspielen die Stars zu sehen. Ende 2010 wurde mit dem Umbau des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes begonnen, das Ende 2013 neu eröffnete. Zur Berlinale 2014 kehrte alter Glanz zum Zoo-Palast zurück. Auch in das angrenzende „Bikinihaus“ wurde kräftig investiert. Das seit langen Jahren trostlose Bild des Gebäudes hat sich grundlegend gewandelt. Zuletzt waren hier überwiegend Touristen-Billigläden angesiedelt, die Kolonnade war ein wenig einladender Ort. Das neue  Bikini Berlin eröffnet Anfang April 2014.

Quellen:
Prof. Christoph Mäckler: „Häuser wie Herrenschuhe. Gegen die Beliebigkeit in der Architektur. Warum unsere Innenstädte Gestaltungssatzungen brauchen. Die Welt, 12.4.2002)

Berliner Zeitung 11.Januar 2001

„Gewalttätiger Eingriff“ Nikolaus Bernau